Predigt vom 24.8. in Paaren und Fahrland.
Gnade sei mit Euch, und Friede von Gott dem Vater, dem Herren Jesus Christus, in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes, Amen.
Ein Theatermensch hat mir mal gesagt:
Wenn man keinen Konflikt zu erzählen hat,
dann braucht man gar nicht anfangen, mit erzählen.
So ein bißchen geht es mir mit dem Predigttext so:
Jesus und der Schriftgelehrte sind sich einig.
Es gibt zwei Gebote, die die Thora zusammenfassen:
das Gebot der Gottesliebe und das Gebot der Nächstenliebe.
Alle können sich darüber einig sein.
Alle mögen Nächstenliebe.
Auch Spiritualität mag jeder,
in und außerhalb der Kirche.
So und unser Evangelium zum Israelsonntag
besteht aus der Übereinstimmung
zwischen dem Schriftgelehrten und Jesus:
Ja das ist so: Gottesliebe und Nächstenliebe
sind das Wichtigste überhaupt.
Das bestätigen sie sich gegenseitig.
So weit so gut, an der Stelle könnte ich also aufhören,
wenn ich dem Theatermenschen folgen würde.
Kein Konflikt, keine Geschichte, kein Problem.
Und damit könnte ich jetzt
Schluss mit meiner Predigt machen.
Mit dieser Eindeutigkeit und Klarheit
können wir mit Fug und Recht einen Punkt machen.
Soll ich?
(Wenn ja:
Okay - meditieren wir das höchste Gebot:
Gott zu lieben.
den Nächsten zu lieben
in der Stille.)
(Wenn nein:)
Der Konflikt, mit dem anzufangen wäre,
der ist auf unserer Seite,
von der Bibel aus ist alles klar,
alles gesagt, alles eindeutig.
Du sollst Gott lieben, mit ganzem Herzen.
Du sollst Deinen Nächsten lieben,
wie Dich selbst.
Die Geschichte müssen wir selbst erzählen.
Und sie ist nicht leicht erzählt.
Und leichter ist es, zu schweigen.
Vor dem Heiligen und Ewigen,
als sterbliche, fehlerbehaftete Wesen,
vor dem Reinen und Klaren,
mit den ganzen Irrungen und Wirrungen
zur Ruhe zu kommen.
Und vielleicht nur einen Punkt
zu überlegen,
wo man für sich
und das allernächste Umfeld
einen Unterschied machen könnte.
Aus den vielen Konflikten der Menschen,
aus den vielen Geschichten der Völker,
spreche ich also über einen Punkt
und zwar über die Nachbarschaft.
Das betrifft alle Menschen in allen unseren Dörfern
auf unterschiedlichste Weise.
Der Nachbar ist der Nächste,
jedenfalls im nächsten Haus.
Der, den man um ein Ei bittet,
wenn eins für den Kuchen fehlt.
Der, dessen Musik man mithören muss,
dessen Art den Garten zu pflegen
zum täglichen Anblick gehört.
Der mit dem die allermeisten
immer mal ein Schwätzchen
über den Gartenzaun halten.
Und es kann der Frömmste nicht in Frieden leben,
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.
Im Heiligen Land, beim Volk Gottes,
das wir heute mit dem Israelsonntag feiern,
ist das auf furchtbare Weise so.
Da bringen sich Nachbarn gegenseitig um,
Palästinenser und Israelis.
Noch immer sind Geiseln
in der Hand der Hamas im Gaza.
Und die israelische Regierung
plant in dieser Woche Siedlungen auf palästinensischem Gebiet,
um einen eigenen Palästinenserstaat unmöglich machen werden.
Und damit die Zweistaatenlösung
als Weg zur Nachbarschaft auf Augenhöhe.
Israelsonntag feiert die Kirche.
Israel erzählt eine schreckliche Konfliktgeschichte.
Gottes Verheißungen, klar und heilig - Tragik des Menschen,
der nicht lieben kann, den, der ihm am nächsten wohnt.
Und dass wir es beim Volk Gottes sehen, hat uns etwas zu sagen.
Auch die, die sich auf die heiligsten Traditionen berufen dürfen,
können sich unheilig benehmen,
können vor der Verheißung rückwärts gehen
und sich weiter entfernen
von Gottes Gebot.
Eine Mahnung, besonders für die,
die gern den Nachbarn für böse halten,
sich selbst aber für die Frömmsten.
In allen Facebook und Whatsapp-Gruppen
in unseren Dörfern ein weit verbreitetes Phänomen.
Und das wäre wieder ein Punkt,
die Predigt zu beenden,
weil alles gesagt ist:
Gott sagt so,
die Menschen
handeln so.
Ende der Geschichte.
Schade,
aber nicht zu ändern.
Sic transit mundi.
So geht die Welt dahin.
Soll ich hier aufhören, liebe Leute?
(Wenn ja:
Okay - meditieren wir das Wesen des Menschen,
zur Liebe berufen zu sein.
Aber immer zu kurz zu kommen,
es nur mit halben Herzen zu schaffen.
Und Dinge kaputt zu machen,
die nicht mehr einfach zu reparieren sind.
Und was es unter dieser Bedingung
heißen könnte Gott zu lieben
und den Nächsten,
und sich selbst.
Nehmen wir uns in der Stille
dafür ein paar Minuten Zeit.)
(Wenn nein:)
Sic transit mundi.
So geht die Welt.
Aber Gott geht anders.
Die Menschen handeln so.
Aber Gott bleibt sich treu.
Trotzdem. Wunderbar, rätselhaft, Gott eben.
Paulus schreibt, auf die Frage,
ob es eine Zukunft für Israel gibt,
sinngemäß:
Auch wenn ich es
noch nicht verstehe:
Gottes Verheißungen
können ihn nicht gereuen.
Gott ist eben Gott.
Habt Respekt und hört auf das
was immer richtig war undbleiben wird,
in Gottes Namen.
Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.
Hört auf, alles zu zerpflücken, oder abzuurteilen,
nach Autogröße, Haarfarbe, Vorgartenpflege.
Jeder ist Dein Nächster, nur einer steht über allen, das ist Gott.
Gute Botschaft für alle Nachbarn,
Fromme und weniger Fromme.
Es dauert nun nicht mehr lang,
da ziehen die ersten neuen Nachbarn
in Krampnitz ein.
So mancher hat Schwierigkeiten mit einem Nachbarn,
die Fahrländer bekommen es mit mehreren Tausend
neuen Nachbarn zu tun.
Und diese neuen Nachbarn müssen sich ja auch erst
als Nachbarn finden, aufeinander zugehen, sich treffen.
Und mit dem anspruchsvollen umweltfreundlichen
Verkehrskonzept klarkommen,
das alle Fahrländer eher kritisch beargwöhnen.
Sollen wir diese Riesen-Nachbarschaft
nun ansehen, wie die meisten
Palästinenser und Israelis
sich gegenseitig anschauen?
Sollen wir dieses Projekt Krampnitz
wie alles Menschenwerk
als vergänglich, ja vergeblich anschauen,
schon bevor es richtig angefangen hat?
Nee, wenn ein neuer Nachbar einzieht,
dann geht man mit Blümchen rüber,
traditionell mit Brot und Salz und sagt Hallo.
Man weiß einfach nicht, wie es wird.
Deshalb tut man das Seine, dass es gut wird.
Man ist vorsichtig, mit den Neuen nebenan,
man muss eine ganze Weile nah beieinander leben.
Und man möchte das es klappt,
… den Nächsten, wie Dich selbst.
Schon alleine, um der eigenen Ruhe willen.
Und so wird das auch im Großen sein,
mit dem neuen Stadtviertel Krampnitz,
auch für diese evangelische Gemeinde,
die über einen relativ kurzen Zeitraum
viele Gemeindemitglieder dazu bekommt,
an einem Ort, wo bisher keine Kirche war.
Also deutlich komplizierter
als wenn nur ein Nachbar im Nebenhaus einzieht,
mit viel mehr Menschen.
Und so gewiß wie man sich mal mit dem Nachbarn
über den Zustand der Hecke nicht einig ist,
so gewiß wird es auch Konflikte geben,
in und um Krampnitz.
Und dann wird sich zeigen,
an welche Werte die Menschen hier glauben.
Welche Hoffnung sie haben,
wie viel Liebe sie zu geben haben.
Die nächsten Jahre werden spannend.
Und ehrlich gesagt, habe ich mich unter anderem
deswegen hier beworben,
weil hier was los ist,
weil diese Fragen Fragen vom Jesus,
und vom Schriftgelehrten sind:
nach Glaube, Liebe und Hoffnung.
Wie der Theatermensch schon sagte:
wenn man keinen Konflikt hat,
braucht man gar nicht anfangen zu erzählen.
Und keine Sorge:
Der Schriftgelehrte und der Jesus
sind sich ja ganz einig
über ein gutes Ende der Geschichte,
mit Gottes- und Nächstenliebe.
Gut möglich, dass wir nach Jahrzehnten
guter Nachbarschaft bei Pflaumenkuchen
auf der Terrasse sitzen und lachen,
über den Streit über die Hecke
und wie wir wochenlang grußlos
aneinander vorbeigegangen sind,
bis wir beide es endlich zu albern fanden.
Da freu ich mich jetzt schon drauf
und habe diese Geschichte heute zu Ende erzählt.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,
der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus unserm Herrn. Amen.
Predigt am 23.2.25 über Markus 7,31-37 Heilung des Taubstummen.
Es ist Wahlkampf.
Besser: Es war Wahlkampf
und heute ist Wahltag.
Heute gilts,
heute wird die Stimme
abgegeben.
Damit wird bestimmt,
wer die Zukunft bestimmt
in unserem Land,
mit welchen Inhalten
welche Ziele erreicht werden sollen.
Im Wahlkampf war das
nicht immer leicht, herauszufinden,
wohin die Reise geht.
Alle Gesichter auf den Plakaten lächeln,
alle Phrasen waren nichts als Phrasen,
nur undeutliche Hinweise.
Und die Diskussionen
waren bestimmt vom Geschrei der Abgrenzung,
weniger vom sachlichen Verständnis.
Der Mensch kann mit offenen Ohren
und bei guter Stimme taub und stumm werden,
über so viel Lärm und buntem Geflitter und Geflatter.
Der Mensch kann mit offenen Ohren
und bei guter Stimme taub und stumm werden,
sich sich gemütlich im Wohnzimmer aufregen, über den Mist,
den der Nachbar in die sozialen Medien gestellt hat.
Und dann trifft man sich am nächsten Tag auf der Straße,
man grüßt sich freundlich,
denkt, was für ein Idiot und geht weiter.
Dasselbe denkt natürlich der Nachbar und so sind beide
taub und stumm und haben keinen Ausdruck dafür gefunden,
kein Gehör für etwas, das doch beide stark bewegt.
Der Mensch kann mit offenen Ohren
und bei guter Stimme taub und stumm werden,
mit all den inneren Stimmen,
die manchmal nicht zusammen passen,
den Ängsten, Sehnsüchten und Eitelkeiten.
Gute Sache, still zu werden
die Ohren frei zu bekommen
von dem Lärm von außen
und den Lärm von innen
vom Herzen zur Ruhe zu bringen
und auf die eine Stimme
zu hören,
auf die es ankommt.
Wir denken oft,
dass wir nur auf uns selbst
hören müssten.
Aber das müssen nicht wir
selbst sein,
das können auch diese Sehnsüchte,
Ängste, Eitelkeiten sein,
die durcheinander reden
und einen verführen können.
Aber es stimmt:
da ist eine Stimme tief in uns,
die zu uns spricht,
durch all den Lärm hindurch,
in unsere Taubheit hinein.
Heffata, sagt Jesus,
“Öffne Dich!”
Schließ Dich nicht
in Dir selber ein.
Öffne die Ohren,
für das, was Du noch nicht gehört hast,
weil die vielen Stimmen in Dir so laut und durcheinander waren.
Öffne die Augen,
für das, was Du nicht sehen konntest,
wo Du mit Scheuklappen herumgerannt bist.
Öffne Dein Herz,
für das, was Dir deswegen gleichgültig erscheint,
weil Du Dich selbst nicht mehr richtig fühlst.
Öffne Deine Hand,
für den, der Dir etwas zu geben hat,
was Du noch nicht kennst.
Öffne Dich für Gott,
der Dir das Leben neu aufschließen wird,
wo Du nur den Tod siehst,
der Dir die Welt zeigen möchte,
wo Du in Deinen vier Wänden sitzt.
Und der Dir für Deine Zukunft
die Freiheit und die Liebe zumutet.
Heffata, öffne Dich:
Atemberaubend aufregend.
Öffne Deinen Mund!
Unter all dem Lärm
ist die Stimme des Menschen
klein und seltsam geworden.
Gott macht sie auf,
Gott macht sie groß.
Deine Stimme.
Der verheißene Messias kommt
und Stumme reden, Taube hören,
Lahme gehen, Blinde sehen.
Menschen, die eingesperrt waren
in Leid und Krankheit werden frei
und dürfen sich freuen, singen und springen.
Die biblische Verheißung für eine Welt,
wo Menschen keine Stimme haben,
wo über sie geredet wird
und sie dürfen es nicht hören.
Das große biblische Nein
zu seiner Welt, in der Kranke ausgeschlossen sind,
Menschen bewußt in die Irre geführt werden,
geblendet mit Lügen und falschen Versprechungen.
Das gute Wort vom Jesus für die Menschen,
die noch Hoffnung haben,
die noch Sehnsucht nach Freiheit haben,
die sich noch spüren, die ein Herz haben, das mitleiden kann.
Die große Aufmunterung, sich zu freuen,
zu singen und zu springen und sich zu öffnen
für das Wunder des Lebens,
sich zu öffnen für Gott,
bei dem alles, wirklich alles noch einmal ganz anders sein kann,
als es für uns heute aussieht.
Dass Stumme ihre Stimme haben
und dass Taube alles hören können,
das ist die Verheißung
besonders für die kleinen, normalen Leute.
Und eine Warnung für alle,
die sie bevormunden wollen
ein Menetekel, für alle,
die ihnen etwas verschweigen wollen.
Heffata, sagt Jesus, öffne Dich.
Öffne Herz und Ohr,
Mund und Hand.
Mensch, Du hast eine Stimme,
Mensch, Du bist entscheidend.
Und das gilt auf der Dorfstraße
genau so wie an der Wahlurne.
Ich war gestern beim Anglerverein in Fahrland am See
und beim Eisbeinessen der Freiwilligen Feuerwehr Falkenrehde
und hab viele Nachbarn getroffen
und nicht ein Wort über die Wahl verloren.
Man muss nicht immer alle anderen eines Besseren belehren.
Manchmal ist es wichtiger,
die Beziehung über das Rechthaben zu stellen.
Ganz grundsätzlich.
Aber das erleichtert auch das Gespräch, wenn es ernst wird.
Hin und wieder muss man halt mal Nein sagen.
Auch dem eigenen Harmoniebedürfnis entgegen
muss man manchmal sagen:
Seh ich anders. Und nicht nur Ich irgendwie,
sondern eben auch: Ich als Christ seh das anders.
Meine Werte,
die sind kein Zufall,
mein Glaube, mein Gott,
der gibt meinem Gewissen vor:
Menschenrecht und Menschenwürde,
Gerechtigkeit und Frieden,
sowie Bewahrung der Schöpfung.
Und dann muss man Farbe bekennen.
Seinen Mund auftun.
Gut, wenn man dann vorher
einen guten Draht aufgebaut hat,
daß man Ohren hat,
mit denen man den anderen so gut wahrgenommen hat,
so daß man dann seine Stimme auch so erhebt,
dass der andere es auch mit seinen Ohren hören kann.
Du hast eine Stimme:
Du kannst singen, Du kannst streiten, Du kannst trösten.
Bei der Wahl kannst Du mit Deiner Stimme mitbestimmen,
wer in unserem Land bestimmt.
Du hast eine Stimme.
Du kannst schweigen. Du kannst denken, bevor Du redest.
Du kannst zuhören, bevor Du austeilst.
Du kannst Dich in der Stille fragen,
wer Deine Zukunft bestimmen soll
– und wer nicht.
“Heffata” sagt Jesus: Öffne dich.
Tu Dich auf, für Deine Bestimmung.
Und dann erhebe Deine Stimme.
Du hast eine Stimme.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn, Amen.
Predigt zum 1. Advent 2022 in Kartzow
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott dem Vater,
dem Herren Jesus Christus in der Gemeinschaft
des Heiligen Geistes, Amen.
Habt Ihr diese Tage auch das Bild
von der deutschen Nationalmannschaft gesehen,
wie sie sich den Mund zugehalten haben,
bevor sie gegen Japan spielten.
Weil sie die Armbinde
mit dem Bekenntnis zur Diversität
nicht tragen durften setzten sie ein Zeichen
gegen die Zensur. Ich fand ja:
Es sah auch ein bißchen so aus,
wie “Ich muss mich gleich übergeben.”
Vielleicht auch ein verfrühter Kommentar zum folgenden Spiel.
Jedenfalls kann einem bei der Show um den Fußball,
der Zensur, und dem vielen Geld und der Heuchelei
drumherum durchaus übel werden.
Daran muss ich wieder denken, bei dem heutigen Predigttext.
Luther übersetzt da:
“Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt,
werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.”
Hier wirft der Herr der Gemeinde in Laodizäa Lauheit vor.
In heutiger Umgangssprache würde man sagen:
“Du bist nicht Fisch, du bist nicht Fleisch.
Mir wird ganz schlecht vor so viel Mittelmaß. Ich könnte …”
Was ist da los?
Was für eine Verstimmung gibt es da,
zwischen dem Herrn und der Gemeinde,
dass es ihm geradezu übel wird?
Ich gehe mal weiter und formuliere in heutigem Deutsch,
was wir vorhin in der Luther-Version gehört haben:
Du hältst Dich für was besseres,
liebe Gemeinde von Laodizäa.
Weil Du in einer reichen Stadt bist,
an einem coolen Ort
mit funktionierender Bank,
blühender Bekleidungsindustrie
und berühmter medizinischer Fakultät.
Für all das ist Eure Stadt Laodizäa
ja im ganzen römischen Reich bekannt.
In Euren Reihen
sind dann auch Textilfabrikanten, Bänker, Ärzte.
Das ist toll, aber nichts
worauf Ihr Euch was einbilden könnt.
Ihr seid ärmer und kränker und nackter als andere Gemeinden:
Die bilden sich weniger darauf einbilden,
was sie sind und was sie haben.
Laßt Euch von mir bekleiden,
läutern, laßt Euch die Augen öffnen.
Aus Liebe bin ich streng mit Euch.
Schaut, ich stehe doch die ganze Zeit vor der Tür,
klopfe, klingle, warte, warte, warte
weil ich Gemeinschaft mit Euch haben will,
warum laßt Ihr mich eigentlich nicht herein?
Sagt Jesus, durch den Propheten, der Gemeinde in Laodizäa.
Und durch die Bibel und den vorgeschriebenen Predigttext
zum ersten Advent sagt der Herr das auch uns.
Sind wir das: zum Ausspeien lau?
Nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht heiß oder kalt?
Eine Minderheit sind wir,
10 % von der Gesamtbevölkerung:
Bestimmt nicht so stark und selbstbewußt
wie die Gemeindeältesten von Laodizäa.
Eine reiche Gemeinde sind wir nicht,
nicht viele Ärzte oder Textilfabrikanten
haben wir in unseren Reihen.
Auch können wir uns nicht auf die Besonderheit
einer Stadt berufen,
eher gespalten ist das Verhältnis zu Potsdam und zu Berlin.
Ja mehr, wir sind eine Gemeinde
in mehrere kleine Orten aufgespalten.
Natürlich hat jedes Dorf seinen Stolz, bestimmt Kartzow,
aber Einbildung, die sieht anders aus.
Und doch denke ich können wir etwas damit anfangen,
wenn Jesus fragt:
Warum laßt Ihr mich eigentlich nicht rein?
Warum seid Ihr Euch selbst genug,
mit dem, was Ihr seid und habt?
Alle Menschen, ich auch, drücken das Kreuz durch,
machen die Schultern locker, pflegen ihr Selbstvertrauen
vor den Herausforderungen des Lebens.
Und manchmal lächeln sie zugleich über das Gottvertrauen,
als sei Gott etwas Unsichereres als ihr eigenes Selbst.
Umgekehrt ist es.
Gott ist gewiß,
des Menschen Herz wankt und schwankt.
Vielleicht wollen auch deshalb alle Menschen
ihre Hände rühren, etwas tun, erschaffen,
anpacken und in Bewegung setzen, bloß nicht innehalten,
nicht nachdenken, nicht zur Ruhe kommen,
damit die Unsicherheit nicht hochkommt.
Es fällt ihnen schwer, die Hände zu falten,
obwohl sie so oft stöhnen: Oh Gott, hilf mir doch.
Ich fühle mich manchmal irgendwie schuldig,
beim Beten - ich möchte erst mal selbst tätig werden,
meine Verantwortung wahrnehmen,
bevor ich Gott die Verantwortung übergebe, denke ich.
Obwohl diesem die ganze Welt,
Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart gehört,
ich aber begrenzt und endlich bin und bleibe
und wenn ich mich noch so sehr anstrenge.
Die Hände müsste ich falten.
Diese Armut, Nacktheit, Krankheit,
die der Herr der Gemeinde in Laodizäa vorwirft,
die kann ich nachvollziehen,
für mich selbst, für meine Gemeinde:
Armut an Vertrauen.
Blöße am geistlichen Leben.
Krank vor Unbeweglichkeit.
Der eigene Dickkopf steht fest zementiert in der Mitte,
wo die Mitte frei bleiben sein sollte,
um Gottes Willen, für den Herrn des Lebens,
seinem Reich im Diesseits
und dann auch im Jenseits.
Als der zweite Weltkrieg vorbei war,
da setzten sich die Menschen von der Kirche zusammen,
und formulierten ein Schuldbekenntnis,
das Stuttgarter Wort.
“wir klagen uns an,
dass wir nicht mutiger bekannt,
nicht treuer gebetet,
nicht fröhlicher geglaubt
und nicht brennender geliebt haben. “
Sie hatten in der Nazizeit Kinder getauft,
Ehen gesegnet, Krippenspiele für den Heiligen Abend geprobt.
Brav hatte die Kirche ihren Dienst getan, aber geschwiegen,
als man die Nachbarn abgeholt hat,
weggesehen, als man die Juden verfolgt hat.
Nur noch wenige von uns können die Angst nachempfinden,
die die damals in der Situation der Bedrohung empfunden haben.
Und wie wichtig es war, sich in der Zeit der Gewalt
mit der Freude bei einem Krippenspiel zu stärken.
Aber wir können auch verstehen, was es heißt,
sich in Unsicherheit und Unfrieden wegzuducken,
wo man hätte treuer beten, mutiger glauben
und freier handeln müssen.
Die Tür ist zu, der Herr wartet draußen.
Abgeschlossen wie in einem Cocon, mit den Mächten dieser Welt
verläßt man alle guten Geister, die einen in den Himmel tragen,
was auch immer auf Erden geschehen mag.
Die Evangelischen heute
sind nur 10 % der Gesamtbevölkerung,
und von diesen 10 % sind wieder
nur 10 % so engagiert, wie sich das der Herr wünscht,
glühend in der Sprache der Offenbarung,
brennend in dem Bekenntnis der Kirche.
Bestimmt müsste ich deshalb den anderen 90 %
diese Predigt mit größerer Strenge halten, als Euch,
wenn sie denn zuhören würden.
Aber genug gejammert!
Es geht hier und jetzt um uns
und unsere Beziehung zu Gott.
Unsere innere Freiheit von den Mächten dieser Welt.
Unseren Dienst am Nächsten
und an der Schöpfung,
für den Herrn.
Wenn man nur 10 % ist,
dann hat man es leichter,
nicht Mainstream zu sein.
Dann hat man größere Chancen,
etwas Besonderes zu bieten.
Wir sind freier für Buntes, Lebendiges,
das die Güte und die Wahrheit des Glaubens
spürbar und erfahrbar macht.
Überraschend für die 90 %
in und außerhalb der Gemeinde.
Die erwarten von der Gemeinde das immer Gleiche,
irgendetwas Langweiliges, Verstaubtes.
Wir aber dürfen uns ausprobieren
und sie mit Neuem überraschen.
So wie auf einem Julfest
den lieben Advent anzusagen,
am Freitag in Fahrland.
Klein, bescheiden, aber lieb und fröhlich,
angemessen für Jung und Alt.
Und dieselbe Fröhlichkeit,
denselben Spaß und Beweglichkeit,
die brauchen wir auch nach innen.
In unserem Verhältnis als Ortsgemeinden zueinander.
In unserer Beziehung zu den zwei großen Städten
in unmittelbarer Nachbarschaft.
Gespalten ist das Verhältnis zueinander,
gespalten das zu den Städten.
Es wird eingekauft im Outlet-Center um die Ecke
und zugleich geschwelgt in einer Dorf-Romantik,
die es seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr gibt.
Das Schimpfen über die herandrängenden Städte einerseits,
und dann andererseits über fehlende Infrastruktur klagen,
wie zum Beispiel bei der geplanten Flüchtlingsunterkunft:
Das passt beides nicht gut zusammen,
klingt für mich ein bißchen nach:
“So wie es mir am Besten in den Kram passt.”
Ähnlich die verständliche Klagen über den Flächenfraß
und zugleich überzogene Klage gegen Neubauten der erneuerbaren Energie:
“Wasch mich, aber mach mich nicht naß.”
Bei all den Themen gehört etwas anderes in die Mitte
als das eigene Verständnis, der eigene Wille,
nämlich klassische Sachlichkeit.
Das Vertrauen, daß es bei allen Interessenkonflikten,
allen Verteilungsfragen, allen politischen Rücksichtnahmen,
doch sachliche, richtige Lösungen gibt.
Lösungen, die nicht allen Wünschen und Sorgen
gerecht werden können, aber der Sache.
Vielleicht kommt ja ein Gespräch in unserer Gemeinde in Gang,
über Flüchtlingsunterkunft und Photovoltaik,
in dem wir uns nicht danach leiten lassen,
wovor wir Angst haben, oder was uns in den Kram passt,
sondern davon, was sachlich richtig, notwendig und geboten ist.
Als eine Gemeinde aus unterschiedlichen Ortsgemeinden
ist unsere größte Stärke das jeweilige örtliche Engagement,
aber darin liegt auch eine Schwäche,
die Gefahr der Spaltung und Verzettelung.
Unsere 10 % Engagierten im 10 % Prozent Bevölkerungsanteil
haben jeweils eine herrliche Kirche in der Mitte:
In Falkenrehde alle guten Geister,
in Fahrland Größe und Gemeindehaus.
In Satzkorn die Erzählkirche,
in Paaren die Gesprächskirche
und in Kartzow die Hochzeitskirche,
mit herrlicher Wiese davor.
Aber alle Kirchen ohne Sinn ohne Menschen.
Ohne Menschen, wie Euch.
die dem Herrn ihre Herzen öffnen.
Und ihn in die Mitte lassen,
darauf warten, daß er ihnen das Brot bricht,
den Weinkelch reicht.
Das zu hören und das zu erfahren,
was von Ewigkeit zu Ewigkeit her gilt.
An jedem Ort macht der Herr die Qualität aus,
also inwiefern wir von uns selbst absehen,
unseren Zielen, unseren Ängsten,
unserem Stolz und unserem Hochmut
und ihm die Tür aufmachen,
seine Liebe fühlen, die der er uns
und den anderen, die Fremden hereinbringt,
wenn er mit uns allen, Nahen und Fernen das Mahl halten wird.
Und damit zum Schluss:
Mehr kommen dazu.
Wir wachsen, liebe Gemeinde.
Diese Gemeinde wird größer.
Ständig gewinnen wir neue Gemeindemitglieder dazu.
Überall werden die Gemeinden kleiner,
im Berliner Speckgürtel wachsen wir.
Die Neuen ziehen in die Neubaugebiete,
und das wird zunehmen. Stark zunehmen.
Ihr fragt mich jetzt vielleicht:
Was haben wir mit denen zu tun?
Warum kommen die nicht hierher?
Und viele Antworten auf diese Frage
müssen wir uns nicht anziehen.
Das sind junge Menschen, die sehr mobil sind,
hier und da, an vielen unterschiedlichen Orten,
gerade auch in den großen Städten ihr Leben,
ihre Spiritualität, ihre Freizeit und Freundschaften festmachen
und hier bezahlbar und sicher wohnen wollen, oft nicht mehr.
Aber so wie zu allen Zeiten
seit der Herr Laodizäa die Leviten gelesen hat,
ist das eine sehr gute Frage:
Was haben wir mit denen zu tun?
Warum kommen die nicht hierher?
Wir sollten uns hüten, so lau sein,
uns selbst genug zu sein und die Leut aus diesem stillen Kämmerlein heraus beurteilen,
ohne ihnen draußen begegnet zu sein.
Und die Beweglichkeit von ihnen zu erwarten
ohne uns selbst zu bewegen.
Im Gegenteil, wir dürften so selbstbewußt sein
selbst fähig zu bleiben,
uns positiv überraschen zu lassen,
inwiefern der Herr uns durch die Fremden einlädt,
seine Güte und Wahrheit kosten zu lassen,
seine Inspiration zu erfahren.
Die Gemeinde darf die gute Botschaft nicht schuldig bleiben,
insbesondere den Kirchenfernen.
Die Einladung des Herrn zum großen Abendmahl,
in die große, weite Gemeinschaft
im Himmel und auf Erden, die geht aber geht auch
durch manche neue Entwicklung
durch manche neue Leute
direkt an uns.
Überraschend,
aufregend, belebend,
inspirierend.
Wer weiß, welche neue Formen von Gemeindeleben
in den nächsten Jahren sich hier bei uns entwickeln werden?
Ich bin neugierig darauf,
das hat mich von Australien aus schon gereizt
und war mir ein Anliegen bei der Bewerbung.
Machen wir diesen Advent dem Herrn
die Türen auf, freuen wir uns auf seine Ankunft
auf sein großes herrliches Abendmahl,
und wie der das mit uns und den anderen feiern wird,
immer und überall, heute und morgen,
diesseits und jenseits, im Sterben und im Leben, Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,
der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus
unserm Herrn, Amen.
Die Urchristenheit rief den Herrn an,
Daß er komme und sich ihrer erbarme
mit den aramäischen Worten:
Maranatha: Unser Herr komm!
Laßt uns miteinander Fürbitte halten,
Gemeinsam mit den Worten
Unser Herr komm.
...in unsere stolze Welt
die Menschen Demut lehren.
und Dankbarkeit.
Nimm sie bei der Hand
bring sie zusammen zum Dienst
an allen Geschöpfen,
durch Verzicht und Fasten
vom Weg des Menschen.
Also den Tieren mit Schutz,
dem Wald mit Ruhe,
den Flüssen mit Sauberkeit,
dem Ozean mit Stille.
Laßt uns gemeinsam den Herrn anrufen
und sagen:
Unser Herr komm
...in unsere engen Herzen
Zünde alle Lichter darin an,
und mach ein Feuer im Kamin.
Daß wir Erleuchtung
und Begeisterung erfahren,
Deine Güte auszubreiten:
Gelangweilte erfreuen,
Feinde versöhnen,
Traurige trösten,
Irrende mahnen,
Gleichgültige zum Glauben einladen.
Laßt uns gemeinsam den Herrn anrufen
und sagen:
Unser Herr komm
...in unsere Gemeinde,
nicht als Gast
sondern als Hausherr,
rede und wir hören,
befiehl und Dein Wille geschehe,
dann haben wir hier:
Sicherheit für Verfolgte,
Gerechtigkeit für Arme,
Gemeinschaft für Einsame,
Weisung für Kinder,
Frieden für Alte,
Demut für Stolze.
Maranatha das ist die Sprache,
die der Herr von seiner Mutter lernte,
das ist aramäisch und bedeutet: